21.06.2018 – die Anreise „nicht so schlimm“
Auf die Deutsche Bahn kann man sich verlassen, besonders auf ihre Unzuverlässigkeit. Wir starten in St. Wendel mit 3 Minuten Verspätung. Bis Mainz werden daraus 12 Minuten. Nicht so schlimm, es sei denn, man hat nur 15 Minuten für den Umstieg. Also….rennen!
Den Anschlusszug nach Hamburg haben wir gerade so erwischt. Als wir sitzen, fährt er schon ab. In Hannover müssen dann jedoch alle raus, denn der Zug wird wegen defekter Reifen aus dem Verkehr gezogen. Nicht so schlimm, denn in wenigen Minuten bekommen wir einen ICE nach Hamburg, der sollte doch schneller sein. Im Prinzip schon, es sei denn, der ICE muss wegen der neuen Fahrgäste „außerfahrplanmäßige Halte“ einlegen, was er reichlich tut.
Den Anschlusszug nach Kiel verpassen wir natürlich. Nicht so schlimm, da fährt doch alle halbe Stunde einer nach Kiel. Naja, dafür müssen wir dem Abholdienst von der Werft Bescheid geben. Und der kann später nicht, weil er nach Hamburg zum Flughafen muss. Wir kommen bei leichtem Regen am Hauptbahnhof in Kiel an. Hier steppt schon der Bär! Trotz Regens sind viele Leute an den Ständen. Wir nehmen uns ein Taxi für 26€!
Wir sind am Boot! Der Regen lässt nach. Alles sieht gut aus. Die bestellten Sachen (Poliermaschine und Teakmöbel) sind auch geliefert.
Zum ersten Mal sind wir mit den neuen E-Bikes unterwegs. Wir fahren 3Km (!) nach Friedrichsort und kaufen im Sky für Abendessen und Frühstück ein. Klappt gut, wenn der Akku geladen ist. Leider ist es Aniko’s Akku nicht. Nicht so schlimm, mir wird die Ehre zuteil, nicht „e“ sondern „analog“ zu biken, und das auch noch mit einem Sixpack Tequilabier im Rucksack.
Den Abend verbringen wir bei Sonnenschein gemütlich auf der Flybridge…Aniko mit ihrem Kreuzworträtsel und ich mit Salitos und NDR2. Alles gut!!!
22.06.2018 – Gangway, AB und Teak
Erster Job für heute ist die Demontage der Gangway, die am Heck festgeschnallt ist. Da ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll, lege ich sie zunächst einmal vors Boot auf den Steg.
Unser Nachbar Udo hilft mir dann, den Außenborder am Dinghy zu montieren. Es ist erstaunlich, wie schwer plötzlich 50Kg werden, wenn sie so unhandlich wie ein Außenbordmotor sind.
Wir packen die neuen Möbel aus und schaffen sie aufs Boot. Jetzt, wo der AB weg ist, sieht es direkt geräumiger und wohnlicher aus.
Udo und seine Frau kommen auf ein paar Gläschen Scheurebe und Gewürztraminer rüber. Damit weihen wir auch die neuen Möbel ein. Die müssen später für die abendlichen Cordon Bleu mit Feldsalat herhalten. Die haben wir im Sky in Friedrichsort gekauft gekauft, wo wir mit den Rädern hingefahren sind.
Vor dem Einkauf haben wir die Eisdiele auf der anderen Seite ausprobiert. Ihr erinnert euch? Beim letzten Mal waren wir von der Eisdiele auf der anderen Seite, also damals auf dieser Seite 😉 enttäuscht. Deshalb diesmal die andere Seite, also die Seite, auf der auch das Sky ist….alles klar? Diese Eisdiele ist gut, klein, aber gut, also das Eis ist gut 🙂
23.06.2018 – die Windjammerparade, der NOK
Frühstück auf dem Achterdeck. Die neuen Möbel sind richtig gut. Wir haben sie jetzt aber so gestellt, dass wir beide Platz für die Beine haben.
Auf Empfehlung unseres Nachbarn Udo fahren wir mit den Fahrrädern „um die Ecke“ zum Heliport Kiel, von wo wir die Windjammerparade gut sehen können. Ein paar Hundert andere haben die gleiche Idee. Dennoch kommt kein Gedränge auf. Es ist Volksfeststimmung.
Pünktlich um 11:00 Uhr ertönen die Schiffhörner und die Parade beginnt. Gruppen von Seglern und anderen Schiffen und Booten werden jeweils von einem Windjammer angeführt. Beeindruckend!
Noch während der Parade fahren wir entlang der Kanalstraße, vorbei am historichen Leuchtturm von Holtenau bis zum Nord-Ostsee-Kanal.
An der kleinen Fußgängerfähre machen wir eine Pause.
Auf dem Rückweg kehren wir für einen Drink ins Schiffercafe am Tiessenkai ein und beobachten große Schiffe und kleine Boote.
24.06.2018 – der Bus, die Hörn, der Wahnsinn und Otto 😉
Die Kieler Woche zieht sich nicht nur über 9 Tage, sondern auch auf einige Kilomenter vom Olympiahafen Schilksee bis zur Hörn, also bis mitten in die Stadt. Wir entscheiden uns für einen Besuch der Hörn, des alten Stadthafens. Mit dem Bus, der unmittelbar vor der Haustür abfährt und nur 2,60€ kostet, geht es mit der Linie 501/ 502 in 30 Minuten – die Linie 512S benötigt nur 20 Minuten – bis zum Hauptbahnhof. Dann ist man schon „mitten im Wahnsinn“. Als allererstes brauche ich eine Stärkung in Form einer Bratwurst, also nicht ich, sondern mein Körper! Dann schlendern wir mit gefühlt 5.000 Leuten gleichzeitig über die Hörnbrücke.
Direkt hinter der Brücke staune ich nicht schlecht, als ich ein Portal sehe, auf dem steht „Craft Beer Area“. Dahinter finden wir etwa 20 Holzbuden mit einem wahnsinnigen internationalen Anbegot von Bieren aus Kleinbrauereien – ein Mekka für Bierliebhaber. Dieses Paradies liegt direkt am Germaniahafen, wo historische Schiffe ihre Heimat haben.
Wir schlendern weiter und finden jede Menge Stände mit Essen und Trinken – international! Dann kommen die Fahrgeschäfte. Und dennoch hat es nicht das typische Kirmesambiente.
Ich möchte Aniko zu fritierten Blumenkohlröschen überreden, sie entscheidet sich dann doch für Champignons, die zugegebermaßen leckerer aussehen. Leider hält der Geschmack nicht, was das Aussehen verspricht. Da hat einer doch tatsächlich Salz und Maggi vergessen.
Wir sitzen direkt am Kai und schauen den alten Seglern beim Ein- und Auslaufen zu. Einige bieten nämlich ein- und mehrstündige Touren in die Förde an. Dann findet Aniko einen Stand, der frittierte Babycalamaris und Sardinen anbietet. Einfach klasse!
Wir kaufen noch ein paar Shirts für Neila und Tristan und statten den Sea-Sheppards einen Besuch ab. Dann genießen wir einen Cocktail an der Pier und beobachten, wie sich kleine und große Kinder mit einer Art Wasser-Donut verdollen.
Im Blauen Engel genieße ich einen wunderbaren Ruländer, direkt vom Winzer – ja, den haben die hier wirklich – und das Treiben an der Hörnbrücke. Aniko nimmt einen Latte Macchiato…whatelse?
Wir entscheiden uns spontan für die Heimfahrt mit der Fähre. Bis auf Flugzeug und Helikopter haben wir damit alle Transportmöglichkeiten ausprobiert. Die Fahrt ist günstig und kurzweilig.
Doch dann kommt Otto!!!!!!!!!
Doch der Reihe nach. Kurz vor der Ankunft an unserer „Haltestelle“ warnt mich Aniko vor einem älteren Herrn, der würgend hinter mir sitzt. Tatsächlich bringt ihm die Dame vom Kiosk der Fähre eine Tüte „für alle Fälle“. Er ist „nicht allein“, in zweierlei Bedeutung. Sein Freund, ebenfalls mit starker Schlagseite, versucht im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten zu helfen. Wir verlassen die Fähre, müssen aber sehen, dass die beiden Männer mehr stürzen als gehen. Und da das Geländer sehr große Abstände hat, droht ihnen ein nasses Ende. Daran können einen Krankenschwester und ein Polizist nicht einfach vorbei. Also gehen wir zurück, nehmen die beiden in die Mitte und bringen sie sicher über den 100m langen Steg an Land. So lernen wir den 89jährigen Otto und seinen Freund kennen. Beide leben allein in einem Heim für betreutes Wohnen, zu dem sie doch tatsächlich laufen wollen….etwa 5Km. Da wären die nie angekommen. Sie sind sturzbetrunken, aber soooooo lieb. Die beiden sind wohl die seltenen Ausnahmen, wo Alkohol nicht aggressiv oder asozial macht. Bis zu einer Bank, wo wir sie absetzen, um ihnen ein Taxi zu rufen, kennen wir die beiden schon recht gut. Otto ist etwas einsilbig („Ich will in mein Bett.“), während sein Freund redet, was das Zeug hält. Endlich kommt der Taxifahrer, doch der weigert sich tatsächlich, die beiden mitzunehmen, weil er befürchtet, dass Otto sich übergeben könnte. Ich werde sauer! Ohne Mitgefühl macht sich der Taxifahrer von dannen. Ich rufe die Rettungswache an und melde zwei hilflose Personen. Die wimmeln mich an meine Kollegen von der Kieler Polizei ab. Und die kümmern sich! Die Kollegin von der Einsatzzentrale sagt sofort ein Kommado zu, bittet aber darum, bis zum Eintreffen der Kollegen bei den beiden zu bleiben. Ehrensache! Ein Streifenwagen mit zwei recht jungen Kollegen kommt. Ich bin erfreut, dass sie sich ohne Umschweife der beiden annehmen, sie ins Auto packen und nach Hause bringt. Endlich kann Otto in sein Bett.
Nach einer Stunde, aber mit gutem Gefühl machen wir uns auf den 15 minütigen Fußweg zum Boot. Leider ist am Abend vom AIDA-Abschlussfeuerwerk nichts zu sehen. Ein dicker Baum mit mächtiger Krone verdeckt das wenige, was überhaupt zu sehen wäre.
Also…NDR2 und ein Schlummertrunk.
25.06.2018 – ebay, Anker los und Fuego del Sur
Was mache ich nur mit der blöden Gangway? Die liegt immer noch vor dem Boot auf dem Steg. Ich stelle sie einfach mal bei ebay-Kleinanzeigen ein.
Nicht zu glauben, nach einer Stunde ruft einer an und kauft sofort…ohne zu handeln. War ich zu billig? Egal, das Ding ist jetzt aus den Füßen und hat sogar noch 150€ eingebracht.
Heute machen wir endlich mal die Leinen los. Ein tadelloses Manöver mit nur 10cm Platz zu den Dalben. Aniko macht das ganz toll. Wir fahren bis zur Hörnbrücke…damit uns auch jeder sieht 😉
Am Schweden- und Norwegenkai liegen die großen Pötte. An einigen Pieren liegen immer noch die tollen Großsegler.
Als wir an den Tiessenkai fahren, wo wir zuvor unsere Rhabarberschorle hatten, ist er voll belegt mit Zwei- und Dreimastern. Manche liegen sogar im Päckchen.
Und dann passieren wir einen Großsegler, auf dem auffallend viele gut gelaunte Leute sind. Eine Frau ist besonders schick angezogen mit einem langen weißen Kleid, neben ihr der Mann im schicken schwarzen Anzug. Was soll das?
Während der Fahrt mache ich die Festmacher neu. Die bekommen einen Scheuerschutz aus einem metallverstärkten Rohr und werden neu gebunden. Das Fendergirl kann jetzt das Boot beim Einfahren in die Box „von oben“ festmachen, was sie auch super hinbekommt.
Heute machen wir endlich den Schriftzug am Heck ab. Leider hatten wir ihn in Finnland etwas schräg angebracht. Das störte nachhaltig und dauerhaft mein esthetisches Empfinden. Das Heck wird mit dem österreichischen Supercleaner gereinigt. Dann kommt zum ersten Mal die neue Exzenterschleifmaschine zum Einsatz. Es dauert etwas, bis ich den richtigen Druckpunkt gefunden habe und nicht durchgeschüttelt werde. Zusammen bringen wir den neuen Schriftzug an. Ich befürchte, das ist ein Provisorium, denn diese Folie ist sehr dünn und hat keine zweite Schutzschicht. Naja, Hauptsache gerade!
Am frühen Abend fahren wir noch einmal mit dem Bus in die Stadt. Die Gegend um die Hörn ist nicht wiederzuerkennen. M e n s c h e n l e e r e!
Die meisten Fahrgeschäfte sind schon abgebaut, die Zelte sind alle leer. Mich verwundert, wie wenig Müll hier rumliegt. Der Kieler Stadtreinigung gebührt ein dickes Lob.
Wir besuchen das Fuego del Sur, das uns schon als Stand auf der Kieler Woche überzeugte. In einer großen, gemütlich umgebauten Industriehalle essen wir richtig gut. Nach gemischten Vorspeisen nimmt Aniko eine in Parmesan flambierte Pasta mit Trüffel und Filets reifen, und ich habe eine Gambapfanne.
26.06.2018 – die Heimreise
Wir fahren mit dem Bus zum Hauptbahnhof und schlendern durch ein fast menschenleeres Kiel. Dort, wo am Wochenende noch Hundertausende unterwegs waren, sind wir jetzt fast allein. Wir kehren zum dritten Mal in den Blauen Engel ein und genießen die maritime Stimmung an der Hörn.
Die Heimfahrt ist bahnuntypisch, denn sie ist reibungslos und pünktlich. Die Fahrt durchs Rheintal ist schön. Nur einmal umsteigen in Mainz mit ausreichend Zeit ist komfortabel. Jeremias steht schon am Bahnhof, um uns abzuholen. Danke für den Service!